Timo Gerke ihr Partner bei allen Fragen
zum Brandschutz und zur Energieersparnis
Die Familie und den Beruf unter einen Hut zu bekommen, ist nicht immer leicht. Besonders im Handwerk eilt der Vereinbarkeit von Privatem und Beruflichem kein guter Ruf voraus. Da geht es um Servicezeiten, Anwesenheitspflichten und Kundenbesuche. Schornsteinfegermeister Timo Gerke aus Hollern-Twielenfleth zeigt mit einem cleveren Arbeitszeitmodell, dass vieles möglich ist, um Betriebsinhaber und Angestellte zufrieden zu stellen. Und zwar dienstlich und familiär.
„Stell bloß keine Frau ein“, hieß es vor 14 Jahren, als Schornsteinfegermeister Timo Gerke nach dem Betriebspraktikum von Melanie Mehrkens mit dessen Einstellung liebäugelte. „Sie war fleißig, freundlich und passte in den Betrieb“, erinnert sich Timo Gerke. „Frauen fallen wegen der Kinderbetreuung ständig aus“, sagten ihm Kollegen und Bekannte. Allen Warnungen zum Trotz, bot er der Gesellin einen Arbeitsvertrag an. Zu dem Zeitpunkt sei ihm bewusst gewesen, dass bei festgestellter Schwangerschaft, keine Berufsausübung im Schornsteinfegergewerk erlaubt sein würde, dass die Arbeitnehmerin nach einer Elternzeit ein Recht auf ihren Arbeitsplatz hat, Urlaubsansprüche nicht verwirken, kleine Kinder krank werden und betreut werden müssen. „Das Risiko wollte ich dennoch eingehen“, betont der Meister.
Er selber sei vor seiner Selbstständigkeit als Angestellter unglücklich gewesen, habe sich mit seinen Chefs nicht wohl gefühlt. „Ich wollte es besser machen, wollte familienfreundlicher sein“, erklärt er. Auch deshalb habe er nach Sympathie und Motivation entschieden, nicht nach Geschlecht und auch nicht nach Familienstand. Dass Familie und ein Handwerksberuf nicht zusammen passen sollen, war für ihn ausgeschlossen.
Das Verhältnis zwischen Chef und Mitarbeitenden sollte laut Gerke auf Augenhöhe sein. „Wir profitieren voneinander, wenn beiden Seiten bewusst ist, dass es ein Geben und Nehmen ist, miteinander zu arbeiten“, sagt der Handwerker. Melanie Mehrkens wurde zu einer gern gesehenen Schornsteinfegerin im Kehrbezirk. „Das Vertrauen zu ihr ist groß, sie wurde für mich unersetzlich“, beschreibt Gerke. Dann wurde sie schwanger. Drei Jahre Elternzeit sollten es sein. Gerkes Reaktion: „Wir haben uns sehr gefreut und ich war mir sofort sicher, dass ich eine gute Lösung finden würde.“ Die Lösung hieß Sonja Möller. Sie wurde zur Schwangerschaftsvertretung. „Und plötzlich hatte ich zwei überaus kompetente, herzliche Frauen in meinem Betrieb, auf die ich nicht mehr verzichten wollte“, sagt der 53-Jährige.
Inzwischen haben beide Gesellinnen zwei Kinder und teilen sich den Arbeitsplatz bei Timo Gerke. „Nun ist alles eine Frage der Organisation“, erklärt der Meister. Aber Kunden und Kinder seien zufrieden. „Morgens schaue ich in die glücklichen Gesichter meiner Angestellten – ich kann nichts falsch gemacht haben“, sagt Gerke lächelnd.
Im Coronajahr 2020 sei dann alles etwas schwieriger geworden. „Als die Schulen schlossen, in den Kitas keine Kinder mehr betreut werden konnten, wurde es etwas aufwändiger mit der Planung“, gesteht Gerke ein. Aber auch hier wurden dank flexibler Arbeitszeiten Lösungen gefunden. „Gab es gar keine Betreuungsmöglichkeit, habe ich auch selbst Kundentermine übernommen“, sagt er. Kundentermine und Betreuungszeiten seien so aufeinander abgestimmt worden, dass es mithilfe genauer Absprachen unter den Kolleginnen so gut wie keine Reibungspunkte gegeben habe. Vor der Pandemie habe ein simpler Kalender ausgereicht, um die Arbeitszeiten zu koordinieren.
„Aus meiner Sicht gibt es viele Vorteile, Arbeitnehmern mit Flexibilität und Toleranz entgegen zu kommen“, sagt Gerke. Als Betriebsinhaber habe er nichts gewonnen, wenn seine Mitarbeitenden in Sorge um die Betreuung des Nachwuchses ist. „Dies gilt natürlich auch für Väter“, betont der Handwerker. „Betriebswirtschaftlich ist doch ausschlaggebend, ob die Kunden abwandern oder gern meine Dienstleistungen in Anspruch nehmen“, erklärt der Meister. In seinem Kehrbezirk habe er nicht feststellen können, dass unzufriedene Kunden zurückgelassen werden, weil sich seine Angestellten den Job teilen. Es gäbe keine Beschwerden. „Das liegt natürlich auch daran, dass Melanie und Sonja ihre Grundzufriedenheit auch zum Kunden weitertragen“, erklärt er. Das bestätigt auch Sonja Möller: „Dass wir uns den Arbeitsplatz teilen dürfen ist ein absoluter Glücksfall.“ Die 38-Jährige fühle sich sehr wohl in ihrem Betrieb. Die 35-jährige Melanie Mehrkens erzählt:. „Wenn mein Mann aus der Frühschicht um drei Uhr nachmittags nach Hause kommt, unsere kleine Tochter aber um 12 Uhr mit der Schule fertig ist, dann muss ich mittags zuhause sein. In Vollzeit wäre das für uns nicht machbar.“ Gerade in der Coronazeit, als die Betreuung nicht gewährleistet war, habe sich die flexible Teilzeitregelung ausgezahlt. „Ich bin sehr glücklich, dass wir unser Arbeitszeitmodell haben, sonst könnte ich vermutlich nicht ohne weiteres als Schornsteinfegerin arbeiten.“
Zwar sind zurzeit keine weiteren Schwangerschaften geplant, dennoch würde sich Timo Gerke über jeden weiteren Nachwuchs freuen: „Familienzuwachs ist etwas Schönes, wir sind inzwischen wie eine große Familie.“ Es sei jedoch immer wieder eine Herausforderung Aushilfsgesellen zu finden. Der Arbeitsmarkt gäbe diesbezüglich nicht so viel her. Handwerker seien in erster Linie Dienstleister und müssen auf die Kunden, Termine und Anwesenheiten Rücksicht nehmen, sagt Gerke. Dennoch sei es möglich mithilfe von Absprachen eine Kinderbetreuung zu gewährleisten. Er verstehe dieses Entgegenkommen auch als Mitarbeiterbindung.
„Kinderbetreuung steht einer guten Arbeitsleistung nicht im Weg“, betont Gerke. Dies gelte im Übrigen für Männer und Frauen gleichermaßen. „Ich habe auch zwei Kinder“, erzählt Gerke. „Die Betreuung war im Kleinkindalter auch für mich immer ein Thema.“ Da müsse sich auch das Handwerk frei machen von Klischees und familienfreundlicher werden.
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